Das Fahrtenmesser, der Stolz jedes Buben, kann zum wichtigsten Werkzeug eines Pfadfinders werden. Es wird zum Fingernägel-Saubermachen, über Kochen, Schnitzen, Basteln und Bauen zu fast allem verwendet. Auch zu missbräuchlichen Anwendungen, wie Schraubendrehen, Büchsenöffnen und Feuerschüren. Nur zum Rasieren und zum Schlichten von Streitigkeiten ist es weniger geeignet.
Gute Messer sind teuer, also Selbermachen, beschließen die Jungen der neu gegründeten Bootsbauer-Sippe im Pfadfinderstamm Silberreiher. Die Sippe hat noch keinen richtigen Namen, da aber dort seit einem Jahr an einem Kirchboot gebaut wird, nennen die anderen Pfadfinder sie einfach die Eberbacher Bootsbauer.
Und so zogen die Bootsbauer am vergangenen Wochenende zum Handwerkerhof hinter Mosbach. Der Handwerkerhof, ein ehemaliges Bauerngehöft, wurde vor einigen Jahren von verschiedenen Pfadfinder- und Wandervogelgruppen gemeinsam erworben und in ehrenamtlicher Arbeit zu einer Jugendbegegnungsstätte ausgebaut. Für dieses Engagement wurde dem Trägerkreis des Hofes im Januar 2009 der 2. Preis beim Ehrenamtwettbewerb des Landes von Ministerpräsident Günter Oettinger verliehen. Inzwischen gibt es dort Werkstätten zum Schreinern, Schlossern, Töpfern, Nähen und Drucken.
Ganz begeistert waren die Bootsbauer dort von der Schmiede mit der Doppelesse und den drei Ambossen. Hier konnten dann unter Anleitung von Klaus Bruchmann, dem als Junge von seinem Großvater in der Familienschmiede der Umgang mit glühendem Stahl und Amboss beigebracht worden war, die Klingen für die Fahrtenmesser geschmiedet werden. Dazu musste der hochwertige Kohlenstoffstahl auf über 1.000 Grad Celsius im Feuer erhitzt werden, bevor er mit Vorschlaghammer und Bello in ungefähre Form geschlagen werden konnte. Danach wieder Weichglühen und in einem Eimer mit Quarzsand langsam Abkühlen lassen, damit die Klingen zur Messerform gefeilt und geschliffen werden konnten. Als Vorlage für die Messerform hatten sich die Silberreiher-Bootsbauer ein norwegisches Seemannsmesser, ein sogenanntes Takelmesser, ausgesucht.
Natürlich wird so ein Messer nicht an einem Wochenende fertig. Jeder muss nun zu hause die Hammerdellen und Schleifkratzer mit Korundschmirgel-Papier aus der Klinge wegschleifen. Das ist mühsam und dauert. Dann geht es demnächst noch mal zurück in die Schmiede, die Klingen werden wieder glühend gemacht und anschließend im Salzwasserbad abgeschreckt. Das ist notwendig, damit die Klingen nach dem Fertigschleifen hart bleiben und nicht so schnell stumpf werden.
Nach dem Polieren kann sich dann jeder seinen persönlichen Holzgriff zum Messer anfertigen, Holzreste verschiedener Edelhölzer finden sich beim Kirchbootbau in der Bootsbauer-Werkstatt.